Im Oktober 2024 ging es mit einer Lagoon 46 durchs westliche Mittelmeer. Von Ibiza durch die Meerenge von Gibraltar und dann bis auf die Kanaren. Ein Katamaran, kleine südspanische Städtchen und vorllem das offene Meer und eine Route voller langer Schläge.
Start in Ibiza: Abschied von den Balearen
Unsere Starthafen war Port St. Antoni de Portmany im Westen Ibizas. Dort ist das Café del Mar. Für einen Front-Row-Tisch muss eine stattliche Mindestverzehrmenge geblecht werden. Pro: Die Cocktails und Snacks sind es absolut wert. Contra: Die ungefähr zwanzig betrunkenen Engländerinnen und Engländer direkt unterhalb des Tisches stören schon etwas das Idyll. Obwohl sie eigentlich lustig waren mit ihren 300 Bierdosen, also doch mit Pro für die Front Row.
Nachdem wir die dezente Beflaggung des dortigen Vercharterers entfernt, unsere ebenso aufdringliche eigene Beflaggung im Schiff verteilt und das Schiffchen einmal durchgecheckt hatten, ging es los. Noch einen letzten Blick auf die weißen Strände werfen und Segel setzen in Richtung spanischer Festlandküste.



Entlang der andalusischen Küste bis nach Gibraltar
24 Stunden später dann der erste Zwischenhalt in Mazarrón. Das liegt selbstverständlich in Murcía und nicht in Andalusien. Unsere weitere Route führte uns dann entlang der spanischen Südküste, wo wir in charmanten Hafenstädten wie Fuengirola und La Linea de la Concepcion Halt machten. Auf dem Weg haben wir den Nullmeridian überquert, waren am Stadtstrand baden, mussten leider viel unter Motor fahren und hatten uns mit sechs Leuten an Bord für ein Zwei-Wachen-System entschieden.


Highlight Gibraltar
Gibraltar – ein winziger Fleck britisches Territorium an der Südspitze Spaniens und/oder ein umstrittener Fels mit Geschichte. Um niocht einklarieren zu müssen, machen wir Halt in La Línea de la Concepción, direkt auf der spanischen Seite der Grenze. Der Hafen ist recht groß, praktisch gelegen und bietet einen tollen Blick auf den Affenfelsen.
Rüber nach Gibraltar ist nur ein Fußweg über die Grenze. Die Währung wechselt auf Pfund, die Straßenschilder sind auf Englisch und die Autos fahren … immer noch auf der rechten Seite. Unser Ziel ist klar: hoch auf den Rock! Also rein in die Seilbahn und rauf auf 426 Meter. Oben dann als erstes lauter diebische Affen und eine unfassbare Aussicht auf die Straße von Gibraltar, mit Afrika in Sichtweite.
Herakles stand hier einst vor einer unüberwindbaren Landmasse. Mit bloßen Händen schlug er eine Schneise ins Gestein und trennte Europa von Afrika. Heute heißt der eine Felsen Gibraltar, der andere Jebel Musa in Marokko. Die Meerenge zwischen ihnen führt direkt in den Atlantik. Das ist unser nächster Kurs.



Fünf Tage Blauwasser – Überfahrt zu den Kanaren
Zwischen Gibraltar und Teneriffa liegen rund 700 Seemeilen Das bedeutet fünf Tage auf offener See, kein Internet, nur Wasser, Wind und die Routine an Bord. Die Wachschichten haben wir auf ein Drei-Wachen-System geändert, was gut funktioniert. Vier Stunden Wache, acht Stunden frei. Tagsüber vergeht die Zeit mit Lesen, Dösen und endlosen Blicken auf den Horizont. Nachts leuchten die Sterne heller als an Land, manchmal begleiten uns leuchtende Wellenkämme von fluoreszierendem Plankton.
Jede Stunde wandert ein neuer Eintrag ins Logbuch: Kurs, Windstärke, Position. Vor allem nachts ist das ein kleines Ritual, das die Zeit strukturiert. Die See bleibt meist ruhig, nur gelegentliche Atlantikwellen heben und senken den Katamaran sanft. Keine andere Menschenseele weit und breit – nur Wasser bis zum Horizont. Am fünften Tag tauchen die Umrisse von Lanzarote aus dem Morgendunst auf. Endlich Land in Sicht! Die schwarzen Strände und bizarren Felsformationen boten einen beeindruckenden Kontrast zum blauen Meer.
Festgemacht haben wir aber erst in Las Palmas auf Gran Canaria. Die Hauptstadt von Gran Canaria empfängt uns mit vollen Stegen. Hier liegen die großen Yachten, die auf den Start der ARC (Atlantic Rally for Cruisers) warten – eine der bekanntesten Atlantiküberquerungen für Segler. Einmal im Jahr brechen sie von hier aus in die Karibik auf. Abends gönnen wir uns frischen Fisch – perfekt gegrillt. Tagsüber geht’s hinauf zum Mirador de Altavista, dem besten Aussichtspunkt über die Stadt. Von hier oben glitzert das Meer. Der Wind erinnert uns daran, dass noch ein letzter Schlag ansteht.



Ziel erreicht: Ankunft in Teneriffa
Ein letzter Schlag trennt uns von Teneriffa. Der Wind zieht an, die Segel stehen gut und das Boot gleitet durch die Atlantikwellen. Irgendwann taucht der Teide auf. Erst nur ein dunkler Schatten gegen den Abendhimmel, dann immer klarer, bis sich seine Silhouette deutlich über den Wolken abzeichnet. Die Ansteuerung von Teneriffa beginnt. Mit müden Augen, aber voller Vorfreude auf festen Boden, machen wir schließlich nachts in der Marina San Miguel fest. Die Überfahrt ist geschafft – 1.200 Seemeilen liegen hinter uns, ein endloser Horizont und das Gefühl, wirklich unterwegs gewesen zu sein.

